von Pascal Kempf
Seit ich mich mit Politik befasse, eigentlich ein Tag, an dem man einen neuen US Präsidenten gekürt hat, der scheidende Präsident dankende Worte an das Volk richtet und für den einzelnen Bürger in seiner Community das Leben wie üblich weitergeht. Aber es ist kein normaler 7. November, denn es ist auch kein normaler Präsident, der da im Wahlkampf mit aller Macht versucht, seinen Platz zu behalten. Ein Präsident, der sein Land und seine Partei in Geiselhaft genommen hat, nur um sein eigenes Ego zu befriedigen. Die USA sind heute gespalten wie nie seit dem Bürgerkrieg vor über 150 Jahren, und der Gedanke, es könnte ein neuer Bürgerkrieg ausbrechen, scheint mit jeder Stunde und jeder neuen Nachricht aus den USA etwas weniger fremd zu werden.
Manche würden jetzt sagen: „Ja, aber das ist ja die USA und die verrückten Amis, bei uns kann das niemals passieren.“ Ach wirklich? Natürlich, die USA sind nicht die Wiege der Demokratie, als die sie sich selbst gerne sehen und von den Medien oft bezeichnet werden. Die Wiege der Demokratie waren die griechischen Stadtstaaten der Antike und – wenn man es so sehen mag – Großbritannien.
Für uns Deutsche ist Demokratie eigentlich noch etwas sehr Neues. Im Westen haben wir sie seit 75 Jahren, die Menschen im Osten sogar erst seit 30. Und wenn ich mir einen Blick wage auf unsere politische Landschaft, dann scheint mir, dass Demokratie Vielen noch immer etwas Fremdes zu sein scheint. Auf Landes- und Bundesebene sind Parteien am rechten Rand wie die NPD, der Dritte Weg, die AfD nicht mehr wegzudenken, am linken Rand gibt es mehrere marxistische, kommunistische und auch anarchistische Parteien (letztere ist eigentlich sehr witzig, wenn man darüber nachdenkt). Würde man deren Wahlergebnisse der letzten Bundestagswahl zusammenrechnen, käme man bei etwa 12 Prozent heraus. Davon hat natürlich die AfD einen Löwenanteil.
Das klingt nach wenig, aber schaut man 10 Jahre zurück, werden aus 12 Prozent schnell 1,2 Prozent und weniger. Auf kommunaler Ebene sieht es nicht besser aus; dort allerdings findet man oft auch eine höhere Zahl jenseits der AfD vor, wie einst bei der NPD. Manche sagen, es läge an der Politikverdrossenheit der Bürger, daran, dass man doch nichts mehr machen kann, außer sein Kreuz zu machen. Und dann setzt mit den Jahren ein Prozess ein, der mit Verdrossenheit begonnen hat, sich dann aber zu Wut und klarer Abneigung gegen unser demokratisches System weitergeht. Nichts anderes ist in den USA passiert. Natürlich nicht von heute auf morgen. Aber so wird es bei uns auch nicht sein. Und ja, das demokratische System der USA ist mit unserem schwer zu vergleichen, das stimmt. Und es ist ebenso richtig, dass die Demokratie der USA stark von einem kapitalistischen System geprägt ist. Selbst in den Kommunen handeln Politiker eher danach, wer ihnen das meiste Spendengeld gezahlt hat. Das ist bei uns anders, meistens jedenfalls, leider aber nicht immer.
Wenn dann mal der Freund, der eine große Firma hat, den Bürgermeister um einen Gefallen bittet, warum dem nicht helfen? Es schadet ja nicht, wenn am Ende dafür ein Unternehmen mehr in der Kommune bleibt und man selbst sogar einen kleinen Vorteil davon hat. Sowas geht vielleicht ein paar Mal gut, aber dann fliegt es auf. Der große Skandal ist da; und am Ende steigt wieder die Ablehnung einiger Bürger gegenüber dem demokratischen System. Nichts anderes ist in den USA passiert, nichts anderes passiert bei uns auch, häufiger als viele denken. Wir bekommen es oft nur nicht mit, da es weiter weg stattfindet und niemand darüber berichtet. Ich würde gerne sagen, dass wir in der SPD davon frei sind, aber ich weiß selbst genau, dass es nicht der Fall ist. Jede Partei hat ihre schwarzen Schafe, manche mehr, andere weniger.
Ich will nicht, dass durch solche Dinge der Anfang dafür gemacht wird, dass wir am Ende Verhältnisse wie in den USA haben.
Ich will nicht, dass wir am Ende in einem Land oder auch nur einer Kommune leben, die tief gespalten ist zwischen den Menschen, die noch an die Demokratie glauben und denen, die es nicht tun.
Ich will nicht, dass Menschen gewaltsame Proteste veranstalten, damit ihr Kandidat oder ihre Partei bessere Wahlergebnisse bekommt, andere Menschen eingeschüchtert werden, davon abgehalten werden zu wählen.
Ich will nicht, dass Menschen falschen Wahrheiten hinterher rennen, weil es einfacher ist, der Lüge zu glauben, als die Wahrheit zu akzeptieren.
Und dann höre ich Reden aus Berlin, den Landtagen, höre wie eine Partei von Streichholzmigration redet, von der Klimalüge, der Corona-Diktatur. Höre wie Menschen auf den Straßen immer wieder diese Worte aufnehmen und als Wahrheit verkaufen, höre immer wieder, dass ja nicht wir Deutschen das Problem sein sollen, sondern die anderen eben. Die anderen, damit meint man vor allem Migranten, Menschen mit Migrationshintergrund und leider auch im Westen manche aus dem Osten und umgekehrt.
Ich habe den Wechsel vom passiven, politikinteressierten zum aktiven politikbetreibenden Bürger vollzogen, als ich erfahren habe, dass nun auch in unserer Kommune die AfD eine Liste zur Wahl stellen möchte. Ich habe den Wechsel aber auch vollzogen, weil mir nicht mehr wohl dabei war, dass unser Land einen Kurs nimmt, der dem der USA nicht ganz so unähnlich ist.
Ich möchte ein Deutschland das offen steht für alle, eines dessen Bürger aufgeklärt sind und nicht skeptisch. Und so möchte ich auch Grävenwiesbach haben, keines wo Nachbarn plötzlich nicht mehr miteinander reden, weil man andere Meinungen vertritt. Ich lebe erst seit acht Jahren hier, aber ich betrachte es als meine Heimat. Und ich will nicht, dass meine Heimat plötzlich einen braunen Anstrich bekommt. Nicht nur in den Köpfen, sondern auch in der Gemeinde.
Politik im 21. Jahrhundert muss lernen, transparenter zu werden. Das gilt auch für die kommunale Ebene. Wir müssen lernen, dass man die Bürger zur Not an der Hand nimmt, Entscheidungen nicht nur mitteilt, sondern erklärt, zur Not auch aufklärt.
Politik muss lernen, wie man die neuen Medien geschickt nutzt, auch die jungen Menschen erreicht, ohne zu wirken als wäre man aus einer anderen Zeit. So etwas geht aber nur, wenn man auch den jungen Menschen die Chance gibt, sich zu beweisen und ich glaube, wir als SPD haben da sehr gute Weichen für die Zukunft gestellt, hier in Grävenwiesbach aber auch sonst im Land. Ich selbst trage meinen Teil dazu bei, dass wir keine US-Verhältnisse bekommen werden, es wäre schön, wenn noch mehr junge Leute diesen Weg gehen würden.
Pascal Kempf