Geschichtsvergessen – beleidigend – ehrabschneidend!

von Rudi Tillig

Armin Laschet hat in seiner Rede vor dem CSU-Parteitag in Nürnberg gesagt, dass die Sozialdemokraten „in allen Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte immer auf der falschen Seite standen“ und ausdrücklich vor einer möglichen Regierung von SPD, Grünen und Linkspartei gewarnt. „Es ist nicht egal, wer in der nächsten Regierung sitzt“, sagte Laschet auch. Da hat er allerdings recht.

Denn die Union sollte mindestens dieses Mal draußen vor bleiben. Und das aus mehreren Gründen:
a. Nach derartigen ehrabschneidenden Äußerungen ist eine Zusammenarbeit – die GroKo ist ja immer noch eine der derzeit vier Regierungsoptionen – mit der Sozialdemokratie kaum noch vorstellbar. Kein Sozialdemokrat wird das, was Laschet am Samstag sagte, in einem Monat vergessen haben!
b. CDU und CSU fehlt das qualifizierte Personal zur Besetzung von Ministerämtern. Nicht ein einziger (Müller, CSU mal ausgenommen – und der darf nicht mehr antreten…) hat auch nur ansatzweise seine Aufgaben erfüllt.
c. Lobbyismus und Selbstbereicherung in den Reihen der Union sind eklatant und kaum kurzfristig zu unterbinden.

d. Der „Frontmann“ hat nicht das Format, um als Regierungschef die Bundesrepublik stark in Europa und der Welt zu vertreten. Er glaubt wohl, das seien alles nur nette Fototermine…

Aber zurück zu den schlimmen Äußerungen. Laschet sollte mal betrachten, wo die CDU – auch die Ost-CDU im Nachkriegsdeutschland stand. Als Blockpartei und willfähriges Instrument der SED-Führung.

Laschet sollte mal schauen, wie lange sich die Union gegen wahre Integration von Flüchtlingen gestellt hat – ausgenommen natürlich all die „Spätheimkehrer“, von denen man annehmen konnte, dass sie bei Helmut Kohl ihr Kreuzchen machen würden.

Stand die Union an der Seite von Alleinerziehenden, von Schwulen und Lesben, Menschen anderer Anschauung vom Lebensentwurf als Vater, Mutter, Kind – mit Mutter am Herd?

Stand die Union bei all denjenigen, die im Ruhrgebiet vom Strukturwandel betroffen waren?

Wäre die Union mit Bush jr. gemeinsam in den Irakkrieg gezogen?

Im Grunde ist überhaupt nicht klar, ob die Union überhaupt an jemandes Seite steht – oder nur abseits geraten ist – auf die Seite gestellt durch Blockierereien und Verhinderungen, Verzögerungen und Verwässerungen.

Und wenn sie sich mal medienwirksam an die Seite aller Mütter gestellt hat – die mehr Rente verdienten, weil es die Gesellschaft so durchweg sah, dann stellte sie sich gegen all diejenigen, die die Beiträge dafür zu erwirtschaften hatten – die Millionen ArbeitnehmerInnen – anstatt das als gesamtgesellschaftliches Ding auch über die Gesamtgesellschaft zu finanzieren!

Merkels Politik trägt jetzt ungeahnte Früchte! Alle sind weggebissen und -gelobt. Niemand aus den eigenen Reihen muss für Fehlverhalten oder Nichtstun die Kritik oder ums Amt fürchten.

Was übrig geblieben ist in diesem Kanzlerwahlverein ist trauriges Mittelmaß, sind Selbstdarsteller und etliche aus dem Kreis der Ewiggestrigen.

Und dann ist da noch das nirgends wirklich abgestellte Schielen eines so manchen hin zu den Blau-Roten. Weil dort die künftig Möglichkeit besteht, die konservativ-reaktionäre Politik, wie sie sie gern durchgezogen, welche die SPD allerdings in aller Breite verhindert hat, wiederaufleben zu lassen, die eigenen Pfründe doch noch zu sichern, die Republik zu kapern und alle arbeitenden Menschen zu „Sklaven“ ihrer Politik zu machen.

Ich bin mir sicher, dass eine Mehrheit im Wahlvolk das durchschaut hat. Manch einer mehr wählt doch wieder sozialdemokratisch. Aber viele eben nicht mehr die Union – Noch nicht einmal mehr in Bayern die CSU, die dort unter 30 Prozent gefallen ist.

Es gibt also Hoffnung für eine andere Politik – ich will nicht sagen „linke“ – denn ich halte angesichts der existenziellen Längsschnittsthemen nichts mehr von dieser Einteilung.

Es ist möglich, abseits der Union eine Politik zu verabreden, die die Menschen im Zentrum hält, aber auch nicht die Wirtschaft verprellt – wie es früher oftmals war. Es wird keine großen Abwanderungsbewegungen von Unternehmen mehr ins Ausland geben, wenn die SPD den Kanzler stellt.

𝗘𝘀 𝗴𝗶𝗯𝘁 𝗛𝗼𝗳𝗳𝗻𝘂𝗻𝗴!
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